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#004 – Wenn das Herz aus dem Takt gerät

  • Fabian Kasper
  • 21. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit
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Als ich an Angststörungen dachte, war mir lange nicht klar, wie viele falsche Vorstellungen darüber kursieren. Viele der Mythen, die ich gehört habe, habe ich selbst erlebt: Aussagen, die Ängste als Übertreibung abtun, sie mit normaler Nervosität gleichsetzen, Betroffene als „schwach“ stigmatisieren, behaupten, Männer hätten so etwas nicht, oder unterstellen, wer Angst hat, suche nur Aufmerksamkeit. Solche Aussagen haben mich unsichtbar und nicht ernst genommen fühlen lassen. Heute ist das in meinem Umfeld besser, doch genau deshalb ist es wichtig, diese Vorurteile aufzuschreiben und klarzustellen.

Mythos: „Das ist nur Übertreibung, anderen geht es viel schlechter.“Realität: Wer so argumentiert, verharmlost das Leid anderer. Angststörungen gehen oft mit intensiven, belastenden körperlichen und psychischen Symptomen einher. Die Tatsache, dass es Menschen mit noch schwereren Problemen gibt, macht die Erfahrungen eines anderen nicht weniger real oder weniger wichtig.Mythos: „Angst ist einfach nur Nervosität, das hat jeder mal.“

Realität: Unterschiedliche Ausprägungen von Angst sind normal — eine Angststörung ist es nicht. Bei einer Angststörung sind die Ängste übermäßig, anhaltend und beeinträchtigen das Leben. Sie führen häufig zu Panikattacken, Vermeidungsverhalten und erheblichen Einschränkungen im Alltag.

Mythos: „Nur schwache Menschen haben Angststörungen.“

Realität: Angst ist keine Frage von Stärke oder Charakter. Menschen mit Angststörungen erleben eine körperlich und psychisch belastende Reaktion, die niemand freiwillig herbeiführt. Schwäche oder Moral haben damit nichts zu tun.

Mythos: „Das betrifft nur bestimmte Menschen — Männer nicht.“

Realität: Angststörungen können jeden treffen, unabhängig vom Geschlecht. Dass Männer seltener darüber sprechen, ist ein symptomatisches gesellschaftliches Problem — kein Beleg dafür, dass Männer nicht betroffen sind.

Mythos: „Wer Angst hat, stellt sich nur an und sucht Aufmerksamkeit.“

Realität: Dieser Vorwurf verletzt und isoliert. Angsterleben ist real und belastend; es geht nicht um Show oder Selbstdarstellung. Solche Zuschreibungen verhindern, dass Betroffene offen über ihre Probleme sprechen und rechtzeitig Hilfe suchen. Mythen über Angststörungen sind nicht nur falsche Aussagen — sie haben konkrete Folgen. Nicht ernst genommene Ängste können ausufern; in manchen Fällen führen sie zu Verzweiflung oder selbstverletzendem Verhalten. Ich selbst konnte oft das Haus nicht verlassen; die Ängste wurden so groß, dass ich mich tagelang isolierte. Wenn Betroffene immer wieder hören, ihre Sorgen seien „übertrieben“ oder „eingebildet“, kapseln sie sich ab, ziehen sich zurück und werden einsamer — das verschlechtert den Zustand meist noch weiter. Mich macht es wütend, wenn meine Angst lächerlich gemacht wird: Jeder Mensch hat Ängste, und auch wenn sie für andere unverständlich erscheinen, sind sie für den Betroffenen real und quälend. Aufklärung ist wichtig, damit das absichtliche Triggern oder das Herabsetzen von Betroffenen aufhört.

Die Wirklichkeit ist: Angststörungen schränken das Leben massiv ein, aber es gibt Hilfe und Wege zurück. Für mich haben Therapie und das langsame Herantasten an angstauslösende Situationen den Unterschied gemacht. Heute kann ich wieder das Haus verlassen und einen halbwegs normalen Alltag führen; ich brauche nur manchmal eine kurze Eingewöhnungszeit an neuen Orten.

Kleine Schritte, die in meinem Tempo gegangen wurden, haben mir Stabilität gebracht. Hoffnung ist kein leerer Begriff — sie ist eine praktische Grundlage für Veränderung. Meine wichtigste Botschaft ist: Trau dich, über deine Angst zu reden. Die verbreiteten Mythen sind schlicht falsch; mir ist kein Vorurteil begegnet, das gestimmt hätte. Ich betrachte meine Angst heute distanzierter: sie gehört zu mir, aber ich lasse sie nicht mein Leben bestimmen. Gesellschaftlich wünsche ich mir mehr Sensibilität für äußere Reize, denn Angst geht oft mit Übersensibilität einher. Menschen brauchen Raum und Verständnis — kein Urteil.


Welche Mythen über Angststörungen hast du selbst schon gehört? Schreib mir dazu gerne unter meinem aktuellen Post auf Instagram oder Facebook. Deine Erfahrungen helfen, Missverständnisse abzubauen und mehr Verständnis für dieses Thema zu schaffen.

 
 
 

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