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#007 – Anders wahrnehmen, nicht weniger fühlen

  • Fabian Kasper
  • 16. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit
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Schon in jungen Jahren habe ich bei mir Ähnlichkeiten gesehen, ohne damals zu wissen, was ASS überhaupt ist. Ich erkannte mich in Verhaltensweisen wieder, die ich von Figuren wie Sheldon aus „The Big Bang Theory“ kannte, ohne zu verstehen, warum das so war. Erst 2022 machte mich meine Therapeutin darauf aufmerksam, dass ich starke autistische Züge habe. Überrascht hat mich das nicht – unklar war für mich nur, was es für mein Leben bedeuten würde.Es gab im Alltag viele Situationen, in denen ich merkte, dass ich anders wahrnehme und reagiere. Ironie oder Sarkasmus nehme ich nur schwer wahr. Manche Kommunikationsformen, die für andere selbstverständlich sind, sind für mich herausfordernd. Heute weiß ich: ASS ist ein Teil von mir, und ich habe gelernt, damit zu leben.Auf dem Weg zur Diagnose war für mich besonders wichtig, dass ich mich selbst intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt habe. Neben der Therapie habe ich viele Bücher gelesen, um mein eigenes Verhalten besser zu verstehen. Autismus lässt sich nicht einfach erklären – er ist extrem individuell. Es gibt den Satz: „Kennst du einen Autisten, kennst du einen Autisten.“ Dieser beschreibt gut, wie unterschiedlich ASS sein kann. Meine größte Angst war damals, dass ASS eine schwere, lebensverändernde Krankheit sei. Heute weiß ich, dass das ein Missverständnis war. Für mich ist ASS kein Kranksein, sondern ein Anderssein. Mein Gehirn arbeitet anders – nicht weniger, nicht schlechter, einfach anders.Autismus tritt häufig gemeinsam mit anderen Erkrankungen auf, etwa Depressionen, Angst- und Panikstörungen, Schlafstörungen, ADHS oder Essstörungen. Besonders für Kinder kann ASS herausfordernd sein, weil die Art der Kommunikation von gesellschaftlichen Normen abweichen kann und ihnen dadurch Anschluss schwerer fällt. Oft wird Autismus völlig falsch dargestellt – als mangelnde Intelligenz oder fehlende Selbständigkeit. Das entspricht nicht der Realität. Die Bandbreite im Spektrum ist groß, und genau das muss man verstehen, um Autismus richtig einordnen zu können.Im Alltag sind für mich vor allem Menschenmassen und enge Räume schwierig. Ich brauche meinen persönlichen Platz. Körperkontakt ist nicht grundsätzlich ein Problem, aber fehlender Raum kann mich überfordern. In solchen Momenten ziehe ich mich zurück oder vermeide bestimmte Situationen im Voraus. ASS ist ein Teil meines Selbstbildes – es gehört zu mir und macht mich zu dem Menschen, der ich bin. Ich habe Wege gefunden, emotionale Themen zu verarbeiten und über sie zu sprechen. Negative Seiten sehe ich für mich persönlich nicht.Autismus wirkt sich auf jeden Bereich meines Lebens aus – nicht negativ, aber konstant. Er ist immer präsent. Heute kann ich mit ASS so gut umgehen, dass ich einen normalen Alltag leben kann. In meinem Umfeld erlebe ich viel Verständnis. In der Gesellschaft wünsche ich mir mehr Bewusstsein für Reizüberflutung und sensorische Empfindlichkeiten. Missverständnisse entstehen häufig in Gesprächen, weil meine Art der Kommunikation von dem abweicht, was viele gewohnt sind. Ehrlichkeit ist deshalb für mich die wichtigste Grundlage im Umgang miteinander.Besonders hilfreich waren für mich Bücher, Informationen und viel Zeit, um die Diagnose anzunehmen. Strategien wie Noisecancelling-Kopfhörer oder bewusst gewählte Ruhephasen geben mir Kontrolle, wenn es zu viel wird. Sich selbst zu finden, ist ein Weg, den man alleine gehen muss, aber mein Umfeld war wertvoll und unterstützend. Mein Rat an andere lautet: Beschäftigt euch intensiv mit ASS. Das Spektrum ist so breit, dass man sich selbst nur versteht, wenn man bereit ist, sich mit der eigenen Wahrnehmung auseinanderzusetzen.Meine wichtigste Botschaft ist: Lasst euch helfen. ASS ist keine Krankheit, sondern ein Teil der menschlichen Vielfalt. Autistische Menschen sind nicht weniger – sie sind anders. Ich spreche heute offen darüber, damit mein Umfeld und ich uns aufeinander einstellen können. Mein Wunsch an die Gesellschaft ist, mehr Rücksicht und Verständnis für neurodivergente Menschen zu entwickeln.Wie nimmst du neurodivergentes Verhalten im Alltag wahr? Teile deine Gedanken gerne unter meinem aktuellen Post auf Instagram oder Facebook. Jeder Kommentar hilft, mehr Verständnis und Offenheit zu schaffen.

 
 
 

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