top of page

#005 – Wenn die Angst plötzlich laut wird

  • Fabian Kasper
  • 2. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit
ree


Meine erste Panikattacke hatte ich im Frühjahr 2020, morgens vor der Arbeit. Ich wusste nicht, was mit mir passiert. Ich dachte, ich sterbe. Danach wurden die Attacken häufiger und ich zog mich immer weiter zurück. Anfangs fühlte es sich jedes Mal an, als würde ich sterben – dieses Gefühl war allumfassend. Ich habe mit niemandem darüber gesprochen, nicht weil niemand da gewesen wäre, sondern weil ich mich nicht getraut habe, etwas zu sagen.Erst als meine Therapeutin mir erklärte, dass es sich um Panikattacken handelt, verstand ich, was in mir vorging. Ich war mit einer Verdachtsdiagnose zur Therapie gekommen und erzählte dort meine Geschichte. Sie machte mir deutlich, dass ich seit Monaten mit Panikattacken lebe. Anfangs wollte ich das nicht akzeptieren. Ich suchte nach körperlichen Ursachen, ließ mich mehrfach untersuchen, weil ich psychische Erkrankungen lange nicht ernst nehmen wollte – vor allem nicht bei mir selbst. In dieser Zeit machte mir schlicht alles Angst. Nichts war leicht. Und genau deshalb ist es mir heute wichtig, darüber zu schreiben – weil noch immer zu wenig darüber gesprochen wird.Panikattacken äußern sich körperlich und seelisch sehr stark: Herzrasen, Schweißausbrüche, Atemnot, Zittern. Sie können zwischen 15 Minuten und bis zu zwei Stunden dauern. Der Unterschied zur „normalen“ Angst ist für mich deutlich spürbar – Panik ist roher, überwältigender, unkontrollierbarer. In meiner schlimmsten Zeit war alles ein möglicher Auslöser. Wenn ich die Attacken nicht ernst nahm oder versuchte, sie zu ignorieren, wurden sie schlimmer.Ich begann, die Symptome, die bei mir auftraten, über einen längeren Zeitraum hinweg aufzuschreiben. So konnte ich Muster erkennen und lernen, wann eine Panikattacke sich anbahnt. Das half mir, bewusster mit ihr umzugehen. Rückzug war anfangs mein Schutz, wurde aber schnell zur Falle – zu viel Isolation verschlimmerte die Angst. Ich musste lernen, Panik als etwas Natürliches zu akzeptieren, statt sie zu bekämpfen. Besonders prägend waren die Attacken in der Öffentlichkeit oder im Familienkreis. Alle haben geschaut, niemand wusste, was passiert, und keiner wusste, wie er helfen konnte. Rückblickend bin ich einfach nur froh, dass ich diese Zeit hinter mir habe.In dieser Phase hatte ich Panikattacken bei fast allem, was mit „aus dem Haus gehen“ zu tun hatte. Mein soziales Leben war quasi nicht mehr existent – außer online gab es keinen Kontakt zu anderen. Über Monate habe ich die Wohnung nur für Arzttermine verlassen. Ich weiß heute nicht mehr genau, wie mein Umfeld reagiert hat, weil ich in dieser Zeit so sehr mit mir selbst beschäftigt war. Was mir schließlich half, war die Therapie.Ich habe gelernt, meine Muster zu erkennen. In der Therapie konnte ich alles aufarbeiten und Schritt für Schritt verstehen, was in mir passiert. Isolation war einer meiner größten Fehler – Rückzug hat die Panik nur stärker gemacht. Es waren viele kleine Schritte, keiner davon war unbedeutend. Aber sie alle zusammen haben dazu geführt, dass ich heute wieder leben kann. Mein Rat: Geht zum Arzt, lasst euch helfen, redet mit euren Freunden und eurer Familie.Heute weiß ich, dass man Panik überwinden kann. Lasst euch helfen und sprecht miteinander. Ich habe durch diese Zeit viel über mich gelernt – über meine Grenzen, aber auch über meine Stärke. Ich nutze heute das, was ich in der Therapie gelernt habe, ganz bewusst im Alltag. Ich wünsche mir mehr Offenheit und Aufmerksamkeit für dieses Thema. Denn Panikattacken sind kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Hilferuf des Körpers, der gehört werden muss.Ich möchte, dass Leserinnen und Leser diesen Text mit einem Gefühl von Hoffnung verlassen – weil es möglich ist, sich zurück ins Leben zu kämpfen.Deine Gedanken sind wichtig. Wenn du selbst Erfahrungen mit Panikattacken gemacht hast oder jemanden kennst, den das betrifft, teile deine Gedanken gerne unter meinem aktuellen Post auf Instagram oder Facebook. Gemeinsam schaffen wir Bewusstsein und Verständnis.

 
 
 

Kommentare


bottom of page